Sicherlich ist jedem die Situation vertraut, wenn aufgrund eines als unangenehm empfundenen Umstandes die Wut hochsteigt. Es besteht die berechtigte Befürchtung gleich überzukochen. Am liebsten würde man mit der Faust auf den Tisch schlagen, laut drauflos schreien oder sich irgendwie anders abreagieren.
Doch wer verhält sich tatsächlich auf diese Weise? Obwohl die Entrüstung ein Ventil sucht, damit der Kessel nicht platzt, leben die meisten Menschen ihre Wut nicht aus. Uns wurde beigebracht, dass sich aufbrausendes Verhalten nicht gehört. „Wer schreit hat Unrecht“ – „die Contenance wahren“ oder ähnliche Sprüche, die das Gedächtnis hervorholt, verhindern das Rauslassen der Wut.
Als wir Kinder waren, hieß es, wir sollen rücksichtsvoll sein und niemals die Fassung verlieren. Deshalb halten wir in prekären Situationen still und schlucken unsere Wut tapfer hinunter. Aggression abbauen bedeutet in diesen Fällen, den inneren Druck zu lindern.
Wie wirkt sich unterdrückte Wut auf das körperliche und seelische Wohlbefinden aus?
Wut ist eine menschliche Emotion wie Liebe, Freude, Traurigkeit, Angst, Vertrauen, Neugierde und Überraschung. Sie sollte deshalb wie alle anderen Gefühle als normal betrachtet werden. Dass ein Mensch Wut empfindet, stellt kein verwerfliches Verhalten dar. Niemand käme auf die Idee, einem liebenden oder trauernden Menschen ein anstößiges Gebaren vorzuwerfen. Es liegt einzig alleine an der Überzeugung der Allgemeinheit, dass Wut als schlechtes Gefühl betrachtet wird. Unterdrückte Wut kann sich unter Umständen unvorteilhaft auf die physische und psychische Verfassung auswirken.
Der Unterschied zwischen Wut und Aggression
Wut und Aggression sind nicht identisch, denn es existiert ein kleiner, aber feiner Unterschied. Für gewöhnlich stellt sich Wut nach einer von außen verursachten Kränkung oder Zurückweisung der eigenen Person ein. Es kann sich sowohl um eine körperliche als auch um eine seelische Verletzung handeln.
Bei Aggression ist es umgekehrt, denn sie will verletzen und zielt auf andere Menschen. Wut lässt sich als spontane Reaktion auf widrige Umstände interpretieren. Aggression kann natürlich auch eine Entgegnung auf eine von außen erfolgte unerwünschte Aktion sein. Hier kommt aber noch die beabsichtigte Verletzung der betreffenden Person als Ablauffolge hinzu.
Viel unterdrückte Wut macht krank
Was geschieht mit unterdrückter Wut? – Verschwindet sie einfach auf Nimmerwiedersehen oder setzt sich vielleicht doch ein Überbleibsel im Unterbewusstsein fest und beeinflusst die Psyche negativ? Ob Wut ein seelisches Nachspiel hat, hängt mit der Art des Verdrusses zusammen. Bezieht sich die Wut auf allgemeines Geschehen, also nicht die eigene Person betreffend, sondern Vorfälle, die sich irgendwo auf der Welt ereignen, sollte korrekterweise von Zorn gesprochen werden.
Zorn verraucht im Normalfall, denn täglich passiert so viel und das meiste gerät bald in Vergessenheit. Bei Wut steht dagegen die eigene Person im Mittelpunkt des Geschehens. Jede Verletzung kratzt am Ego und die damit ausgelöste Wut lässt sich nicht so einfach beiseite schieben.
Viel unterdrückte Wut beeinträchtigt die Gesundheit, insbesondere die Psyche. Aufgestaute Wut kann zu Depressionen führen. Welche konkrete Ursache eine körperliche Erkrankung hat, lässt sich leider oftmals nicht feststellen, es sei denn, die körperlichen Beschwerden treten direkt nach einem Wutanfall auf, wie etwa:
- Kopfschmerzen oder Migräne
- Bauchschmerzen
- Magenbeschwerden
- Übelkeit
- Durchfall
- Atemnot
- Herzrasen
- Herzstechen
- Herzinfarkt
Wut zulassen und Aggressionen abbauen
Wenn sich Wut einstellt, geht es in den meisten Fällen um das Selbstwertgefühl. Deshalb haben Menschen mit geringem Selbstbewusstsein häufiger mit Wutanfällen zu kämpfen. Eine Person, die von sich selbst überzeugt ist, empfindet persönliche Angriffe anders.
Sie ist sich ihres Selbstwertes bewusst, deshalb schürfen persönliche Angriffe nur an der Oberfläche. Bei Menschen mit geringem Selbstbewusstsein hinterlassen Kränkungen und Zurückweisungen viel tiefere Spuren. Wer häufig Wut verspürt sollte zunächst an seiner Selbstachtung arbeiten. Dazu ist Eigenliebe nötig, die nicht mit egozentrischer Überheblichkeit verwechselt werden darf. Sich selbst annehmen heißt, zu den eigenen Schwächen stehen, denn kein Mensch ist fehlerfrei.
Im Hinblick auf Wut, empfiehlt sich kein permanentes Hinunterschlucken. Ein kurzer Kommentar, die hochkommenden Gefühle betreffend, bewahrt vor schwelendem Groll. Am besten wird die Situation danach umgehend verlassen, damit das Ganze nicht in eine laute Diskussion ausartet.